Texte von Meister Eckhart

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Das Leben des Meister Eckhart

Wenige Lebensdaten Meister Eckharts sind uns bis heute präzise bekannt. Und doch ergibt sich aus den Quellen ein hinreichend genaues Bild des Lesemeisters und Lebemeisters. Es ist das Bild eines Seelsorgers mit großer Gelehrtheit, messerscharfem Verstand und tiefer Frömmigkeit. Meister Eckhart war zudem ein bedeutender Kirchenpolitiker seiner Zeit, der viel auf (damals anstrengenden) Reisen unterwegs war.

  • Geboren: etwa 1260
  • Herkunft: Ministerialen-Adel, Geschlechtsname „von Hochheim“ mit  Sitz auf der Burg Tambach bei Dietharz in Thüringen
  • Schulbesuch, vielleicht in Gotha
  • Eintritt in das Dominikanerkloster in Erfurt
  • Ab 1277: Ausbildung am Generalstudium der Dominikaner in Köln
  • 1293/94: Lektor (Dozent) in Paris. Erhalten ist ein lateinischer Kommentar des Theologischen Lehrbuches.
  • 1294-1298: Dominikaner-Prior in Erfurt und Vikar von Thüringen, erhalten sind die deutschsprachigen „Reden der Unterweisung“. Auch sein erstes Hauptwerk in Latein, das Opus Tripartitum begann er in dieser Zeit. Eckhart war bis 1302 in Erfurt am Predigerkloster.
  • 1302/1303: Als Magister auf dem Lehrstuhl der Dominikaner für Nicht-Franzosen in Paris.
  • 1303-1311: Provinzial der Provinz Saxonia mit Sitz im Predigerkloster in Erfurt. Aus dieser Zeit stammen lateinische Predigten, deutsche Predigten und lateinische Bibelkommentare zu den Büchern Genesis, Exodus, Weisheit, Prediger und dem Johannes-Evangelium.
    Wahrscheinlich sind auch ein großer Teil seiner Predigten aus der Erfurter Predigtsammlung Paradisus animae intelligentis („Das Paradies der erkennenden Seele)“ in dieser Zeit entstanden.
  • 1311-1313: wieder als Magister in Paris; lateinische „Quaestiones Parisienses“.
  • 1313-1322: Vikar des Ordensgenerals mit besonderen Aufgaben, nachweislich in Straßburg, vermutlich auch in Köln am Generalstudium der Dominikaner; deutsche Predigten und Traktate („Buch der göttlichen Tröstung“); Fortsetzung der Bibelkommentare, insbesondere eine zweite Auslegung zu Genesis und das Hauptwerk zum Johannesevangelium.
  • 1323-1327: Leiter des Generalstudiums der Dominikaner in Köln.
  • Akademischer Prozess (mit Freispruch) und Inquisitionsprozess in Köln, dann verlegt nach Avignon.
  • Gestorben 1328, vielleicht am am 28.01. in Avignon.
  • 27.03.1329: Auf Wunsch des Kölner Erzbischofs, Heinrich von Virneburg, erlässt Papst Johannes XXII eine Verurteilungsbulle für bestimmte Sätze, die aus Eckharts Schriften gezogen wurden. Eckhart wird als Person allerdings nicht zum Ketzer erklärt.

Meister Eckhart hat die entscheidende Zeit seiner Ausbildung und der Herausbildung seiner Theologie im Erfurter Predigerkloster gelebt.

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Vergebens! Soweit wir wissen, gibt es keine zeitgenössische Darstellung von Meister Eckhart. Niemand kann heute sagen, wie er ausgesehen hat.

Historische Kontexte

Das Schaffen Meister Eckharts gehört in den Kontext von Geistesentwicklungen, die mit folgenden Stichworten gekennzeichnet werden können:

  • Frauenmystik, Beginentum
  • Armutsstreit
  • erwachende bürgerliche Frömmigkeit
  • Spannung zwischen Kaiser und Papst, z.B. Ludwig der Bayer und Papst Johannes XXII in Avignon.

Eckhart als bedeutender Philosoph steht in der Tradition der arabischen Philosophie und ihrer Rezeption in der Hochscholastik (vgl. Kurt Flasch). Eckhart als bedeutender Theologe schließt sich häufig an Augustinus an, ist aber auch von Dionysius Areopagita (VI. Jahrhundert) beeinflusst. Seine zentralen Themen sind die Schöpfung im Ursprung und die Gottesgeburt (vgl. Christine Büchner), sowie eine besondere Bildtheologie (vgl. Mauritius Wilde). Eckhart als spiritueller „Lebemeister“ erreicht es, auch „Ungelehrte“ in der Volkssprache zu interessieren. Das ist auch der Grund des Inquisitionsprozesses gegen ihn. Es gelingt ihm mit einer Sprache, die voller Bilder ist, andere, falsche Bilder abzulösen, auch mit der starken Wahrheitsergriffenheit des Predigers, und schließlich damit, dass in der Predigt ein besonderer Austausch entstand, der die Teilhabe am göttlichen Leben ermöglichte.

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Die Erfurter Zeit von Meister Eckhart

Meister Eckhart hat wesentliche Teile seines Lebens in Erfurt im Predigerkloster gelebt und gewirkt. Wir gehen davon aus, dass dies die Jahre von ca. 1275 bis 1293, 1294 bis 1302 und 1303 bis 1311 waren. Diese Zeit ist untrennbar mit dem Hohen Chor der Predigerkirche und mit dem Ostflügel des Predigerklosters verbunden. Diese beiden Gebäude , die bis 1280 unter Dach gebracht worden sind, sind die einzigen bis heute erhaltenen authentischen Orte seines Lebens.

  • Hier ist er ziemlich sicher in den Dominikanerorden aufgenommen und ausgebildet worden.
  • Hier war er von 1294 bis 1298 Prior (Leiter) des Klosters. Aus dieser Zeit stammen seine Erfurter Reden.
  • Mit Sitz in Erfurt vertrat er den Provinzial der Ordensprovinz Teutonia der Dominikaner als Vikar von Thüringen. Mit dem damaligen Provinzial, Dietrich von Freiberg, verband ihn eine enge Beziehung.
  • Von hier aus wirkte er von 1303 bis 1311 als Provinzial (Leiter) für die neu entstandene Ordensprovinz Saxonia, deren Gebiet von den Niederlanden über weite Teile Nord- und Mitteldeutschlands bis nach Böhmen und Lettland reichte.

Hier im Predigerkloster hat er mit den "Erfurter Reden" und mit seinen deutschen Predigten die Menschen gelehrt und war als Seelsorger für sie da. Die heutige Eckhart-Forschung ist sich einig darüber, dass Erfurt der entscheidende Ausgangspunkt für sein Denken und seine Theologie gewesen ist. Als Meister Eckhart Erfurt verließ, waren seine Grundgedanken bereits formuliert und verkündigt.

Der bekannte Forscher Georg Steer kommt zu dem Ergebnis: "Die großen Gedanken der abgeschiedenheit und des Freiwerdens von sich selbst, der äußersten Armut sowie der Gottesgeburt in der Seele und des Einsseins in Gott hat Eckhart in Erfurt zu denken begonnen. Er hat sie weiterentwickelt, präzisiert und mit immer neuen Begriffen, Bildern und Vergleichen verdeutlicht. Die Erfurter Jahre waren für Eckhart die wichtigsten in seinem Leben."