Wenige Lebensdaten Meister Eckharts sind uns bis heute präzise bekannt. Und doch ergibt sich aus den Quellen ein hinreichend genaues Bild des Lesemeisters und Lebemeisters. Es ist das Bild eines Seelsorgers mit großer Gelehrtheit, messerscharfem Verstand und tiefer Frömmigkeit. Meister Eckhart war zudem ein bedeutender Kirchenpolitiker seiner Zeit, der viel auf (damals anstrengenden) Reisen unterwegs war.
Meister Eckhart hat die entscheidende Zeit seiner Ausbildung und der Herausbildung seiner Theologie im Erfurter Predigerkloster gelebt.
Vergebens! Soweit wir wissen, gibt es keine zeitgenössische Darstellung von Meister Eckhart. Niemand kann heute sagen, wie er ausgesehen hat.
Das Schaffen Meister Eckharts gehört in den Kontext von Geistesentwicklungen, die mit folgenden Stichworten gekennzeichnet werden können:
Eckhart als bedeutender Philosoph steht in der Tradition der arabischen Philosophie und ihrer Rezeption in der Hochscholastik (vgl. Kurt Flasch). Eckhart als bedeutender Theologe schließt sich häufig an Augustinus an, ist aber auch von Dionysius Areopagita (VI. Jahrhundert) beeinflusst. Seine zentralen Themen sind die Schöpfung im Ursprung und die Gottesgeburt (vgl. Christine Büchner), sowie eine besondere Bildtheologie (vgl. Mauritius Wilde). Eckhart als spiritueller „Lebemeister“ erreicht es, auch „Ungelehrte“ in der Volkssprache zu interessieren. Das ist auch der Grund des Inquisitionsprozesses gegen ihn. Es gelingt ihm mit einer Sprache, die voller Bilder ist, andere, falsche Bilder abzulösen, auch mit der starken Wahrheitsergriffenheit des Predigers, und schließlich damit, dass in der Predigt ein besonderer Austausch entstand, der die Teilhabe am göttlichen Leben ermöglichte.
Meister Eckhart hat wesentliche Teile seines Lebens in Erfurt im Predigerkloster gelebt und gewirkt. Wir gehen davon aus, dass dies die Jahre von ca. 1275 bis 1293, 1294 bis 1302 und 1303 bis 1311 waren. Diese Zeit ist untrennbar mit dem Hohen Chor der Predigerkirche und mit dem Ostflügel des Predigerklosters verbunden. Diese beiden Gebäude , die bis 1280 unter Dach gebracht worden sind, sind die einzigen bis heute erhaltenen authentischen Orte seines Lebens.
Hier im Predigerkloster hat er mit den "Erfurter Reden" und mit seinen deutschen Predigten die Menschen gelehrt und war als Seelsorger für sie da. Die heutige Eckhart-Forschung ist sich einig darüber, dass Erfurt der entscheidende Ausgangspunkt für sein Denken und seine Theologie gewesen ist. Als Meister Eckhart Erfurt verließ, waren seine Grundgedanken bereits formuliert und verkündigt.
Der bekannte Forscher Georg Steer kommt zu dem Ergebnis: "Die großen Gedanken der abgeschiedenheit und des Freiwerdens von sich selbst, der äußersten Armut sowie der Gottesgeburt in der Seele und des Einsseins in Gott hat Eckhart in Erfurt zu denken begonnen. Er hat sie weiterentwickelt, präzisiert und mit immer neuen Begriffen, Bildern und Vergleichen verdeutlicht. Die Erfurter Jahre waren für Eckhart die wichtigsten in seinem Leben."